Die gelungene Verfilmung eines Buchklassikers, eine ebenso beeindruckende wie unterhaltsame Dokumentation über einen mehr als engagierten Lehrer und die sehr zeitgemäße mehr komische als tragische Geschichte einer Freundschaft locken dieser Tage vor die große Leinwand. Drei Filme unter vielen für die es sich derzeit lohnt, nach Feierabend ins Kino zu gehen.
Herr Bachmann und seine Klasse
So einen Lehrer hätte sich so mancher gewünscht! Herr Bachmann (Markenzeichen Strickmütze) war bei der diesjährigen Berlinale der Liebling von Jury und Publikum (auch das muss man erst einmal hinkriegen). Und wer jetzt ins Kino geht, wird sich ebenfalls sofort in diesen Lehrer vergucken.
Denn: Mathe, Englisch, Gramatik – logisch, das ist alles wichtig. Doch mindestens ebenso wichtig ist es, die Kinder in der Schule aufs Leben vorzubereiten. Herr Bachmann tut dies. Und widmet sich mit viel Geduld und Einfühlungsvermögen jedem Kind in seiner Klasse, jeden Tag von Neuem.
Filmemacherin Maria Speth hat den Lehrer und seine Schüler in der Kleinstadt Stadtallendorf lange begleitet und daraus eine Doku gemacht, die auf der Berlinale mit einem Bären geehrt wurde. Verdientermaßen!
Fazit: In kurzweiligen dreieinhalb Stunden lässt sich eine, wie der Rezensent der Süddeutschen Zeitung schrieb „so anrührende wie packende Feier der gelungenen Pädagogik“ miterleben. Der Filmtitel ist dabei durchaus doppeldeutig: Lehrer Bachmann besitzt ganz große Klasse.
Schachnovelle
Für viele war sie Pflichtlektüre in der Schule: Stefan Zweigs „Schachnovelle“. Regisseur Philipp Stölzl nahm das Buch als Grundlage für seinen Film und windet „seine“ Geschichte um Zweigs Erzählung, nicht ganz neu aber doch weitergedacht. Und das macht er sehr gelungen.
In seiner Novelle erzählt Zweig die Geschichte des charmanten Wiener Anwalts Dr. B., der in die Fänge der Nazis gerät und sich angesichts der Folter der Schergen mit dem Schachspiel, nun ja, am Leben hält.
Stölzl erzählt mehr. Erzählt die Fallhöhe dieses Geschehens. Er zeigt wie das ist, wenn man fast den Verstand verliert, zeigt wie grausam es sein kann, einen Menschen mit Einsamkeit zu foltern. Er zeigt den Versuch der Nazis, einen feinsinnigen Intellektuellen auszulöschen – und damit auch das intellektuelle Europa. Nicht mehr und nicht weniger.
Fazit: Dieser Film geht unter die Haut. Das Ansehen lohnt sich aber nicht nur deshalb sondern auch wegen des Hauptdarstellers Oliver Masucci und dessen großartigen Spiels, wegen Shootingstar Albrecht Schuch als kultivierten Vernichter und wegen der wunderbaren Kulisse. Die Ausstattung, mal prachtvoll, mal in bedrückender Kargheit beeindruckt ebenso wie die Geschichte des Dr. B.
Toubab
Wie weit geht Freundschaft? Eine Frage, die immer wieder in Filmen zum Thema wird. Der Debütfilm des Regisseurs Florian Dietrichs greift dies nun ebenso zeitgemäß wie spritzig und witzig erzählt auf. Und schafft das Kunststück, sich niemals billiger Gags zu bedienen oder in klamottige Anspielungen abzustürzen.
Toubab erzählt die Geschichte von Babtou und seinem Freund Dennis. Babtou, frisch aus der Haft entlassen, will am liebsten die ganze Welt umarmen – und vor allem nichts mehr mit den Behörden zu tun haben. Ausgerechnet eine spontane Willkommensparty für ihn läuft komplett aus dem Ruder. Und hat bittere Konsequenzen: die Abschiebung in den Senegal, das Land, das Babtou nur aus den Erzählungen seines Vaters kennt. Denn er ist in Deutschland geboren, seine Heimat ist Frankfurt. Einziger Ausweg: eine schwule Scheinehe mit Dennis.
Der gelungene Erstlingsfilm zeigt, worauf die beiden Freunde sich damit einlassen. Florian Dietrichs wurde damit 2020 für den First Steps Award nominiert. Dieser deutsche Nachwuchspreis wird in dem jährlich stattfindenden Wettbewerb für Abschlussfilme von Studenten deutschsprachiger Filmhochschulen vergeben.
Fazit: Der Film schafft – nicht zuletzt dank seiner beiden wunderbaren Hauptdarstellern – den Spagat, mit Spaß eine tragische Geschichte von Homophobie und Rassismus zu erzählen. Und von Freundschaft.
@foto: kangi