Cannabis aus der Apotheke?

Was wächst denn da am Straßenrand?

Die Apotheke als Abgabeort für Cannabis? Eine Frage, die die Branche seit etlichen Wochen umtreibt. Die Überlegung der Bundesregierung, Apotheken im Falle einer Legalisierung von Cannabis ab 2024 zu „lizensierten Fachgeschäften“ für entsprechende Produkte zu machen, erfreut bekanntlich nicht alle Apotheker. Jetzt hat sich die Süddeutsche Zeitung des Themas angenommen – und eine Apothekerin sowie einen Apotheker dazu befragt.

Beide haben ihre Apotheken in Berlin, beide sprechen offen über ihre Haltung zum Thema Cannabis und Apotheke. Und in beiden Fällen lässt sich erkennen, dass eine Entscheidung darüber, inwiefern man sich als Apothekeninhaber für ein Thema, ein Sortiment, eine Produktrange engagiert, durchaus auch vom Standort abhängen kann. Eine essenzielle und nachvollziehbare Überlegung für all jene, die sich mit Apothekenmarketing beschäftigen – und dabei auch ihre Kompetenz nach außen tragen wollen.

Zwei Apotheker und ihre Standpunkte

„Fünf Gramm Gras, bitte“, ist der Beitrag im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung (SZ) überschrieben. In der Branche werde seit Wochen darüber gestritten, ob Marihuana – wie von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach angedacht – künftig in Apotheken über den HV-Tisch wandern könnte. Und so präsentiere man nun „Zwei Apotheker und ihre Standpunkte“. Die eine, Melanie Dolfens, ist Inhaberin zweier Apotheken: am Berliner Alexanderplatz und in der Warschauer Straße. Der andere, Nikolai Kupsch, hat seine Apotheke im Berliner Bezirk Neukölln.

„Als Apothekerin in der Pflicht“

Apothekerin Dolfens hat Erfahrung mit dem Thema Cannabis, versorgt sie doch laut SZ mit ihren beiden Berliner Apotheken derzeit etwa 700 Patientinnen und Patienten mit medizinischem Cannabis. Sie selbst, so hält der Reporter fest, schicke dem Gespräch voraus, in ihrem Leben noch nie gekifft zu haben und halte überdies Cannabis für junge Menschen für gefährlich. Daher engagiert sie sich für ein höheres Mindestalter der Konsumenten und begrenzte Wirkstoffgehalte der Blüten.

Im Falle einer Legalisierung sieht sie sich als Apothekerin in der Pflicht, wie sie der SZ sagt: „Ich bin überzeugt, dass der Beratungsbedarf zu Wirkungen und Risiken sehr groß sein wird.“ Das könnte in ihrer Apotheke an der Warschauer Straße durchaus der Fall sein: Dort beginnt eine der Partyzonen Berlins, das Klientel für Cannabis wäre durchaus gegeben – und der Bedarf für adäquate Beratung auch.

„Heilberufler und kein Dealer“

Apotheker Kupsch wiederum ist mit seiner Apotheke wie er der SZ beschreibt, in Neukölln weit weg von einer Feiermeile: „Party ist hier keine“. Seine Kunden seien vielmehr Familien, Migranten, Beamte einfache Arbeiter. Die Legalisierung, so sagt er dem Reporter, sei schon lange überfällig, da sie den Konsumgewohnheiten vieler Menschen entspreche und kriminelle Machenschaften bekämpfe.

Den Verkauf von Cannabis in Apotheken aber halte er für eine völlig abwegige Idee. „Ich bin Heilberufler und kein Dealer“, zitiert ihn die SZ. Seine Apotheke sei ein „sozialer Ort“, in dem die Menschen über Krankheiten und ihre Ängste sprechen könnten. Gäbe er zugleich Cannabis ab, würden „doch Welten“ kollidieren. „Man lege ja auch nicht „eine Kneipe mit einer Arztpraxis zusammen“.

Im Moment: nur Anti-Kater-Mittel

Die SZ schließt mit dem Hinweis, dass Apotheken nach aktueller Rechtslage ohnehin keine Genussmittel wie Alkoholika oder Tabak verkaufen dürften. Lauterbach müsste hier rechtlich nachjustieren. „Bis dahin“, so resümiert der Beitrag, „müssen sich die Partyleute wohl noch eine Weile mit Anti-Kater-Mitteln aus der Apotheke begnügen.“

Foto: @kangi