Und nach der Apotheke: Ab ins Kino!

Ein unterhaltsamer Film, der wie ein buntes Wimmelbild daherkommt, das packend erzählte Leben des Dichters Thomas Brasch und die opulent ausgestattete Eifersuchtsgeschichte eines verliebten Kapitäns locken dieser Tage vor die große Leinwand. Drei Filme unter vielen für die es sich derzeit lohnt, nach Feierabend ins Kino zu gehen.

Lieber Thomas

Vor ziemlich genau zehn Jahren ist er gestorben: Thomas Brasch, „der wildeste und kompromissloseste Dichter der DDR“, wie die Süddeutsche Zeitung unlängst schrieb. Regisseur Andreas Kleinert hat nun einen Film über den rebellischen Brasch gedreht – und damit auch einen Film über die DDR. In schwarzweißen Bildern schildert er, sehr realistisch und immer wieder durchbrochen von Traumphantasien, wie der Alltag im DDR-Regime Braschs Leben und Arbeiten beeinflusst hatte.

Albrecht Schuch, derzeit einer der angesagtesten Stars des Deutschen Films, ist Brasch. Zeigt ihn zwischen Exzess und Verzweiflung, geht an Grenzen und darüber hinaus, wenn er das Ringen des Dichters anschaulich macht – das Ringen mit dem Alltag, mit der Sprache, mit seinen Dämonen, das Boheme-Leben mit Frauen, Alkohol und Drogen und natürlich auch sein Abarbeiten am Vater (ein toller Jörg Schüttauf). Großen Raum nimmt dabei Braschs Beziehung zu Katharina Thalbach ein, umwerfend dargestellt von Jella Haase. Mit ihr geht er in den Westen. Und erreicht damit nicht nur West-Berlin sondern die weite Welt – glänzende, schillernde Sehnsuchtsziele wie New York und die Cote d’Azur. Eine von vielen berührenden Szenen: der ältere Brasch (Peter Kremer) nimmt Abschied von der Welt. Und entschwebt.

Fazit: Sehr sehenswert, aufrührend und beeindruckend ist dieses Biopic. Die ungewöhnliche Filmbiografie bringt Thomas Brasch auch jenen näher, die weder mit der Literatur der DDR noch mit Gedichten besonders viel am Hut haben. Ein Genuss überdies: den fabelhaften Darstellern zuzusehen.

Die Geschichte meiner Frau

Die Sehnsucht des Seefahrers: eine Frau, die zuhause auf ihn wartet, ihm Halt gibt und Geborgenheit in den paar Wochen, die er jährlich an Land verbringt. Auch der Frachterkapitän Jakob Störr (ebenso körperlich präsent wie verletzlich dargestellt vom Niederländer Gijs Naber) hat diese Sehnsucht. Und beschließt auf einem Landausflug in einem Café, die erste Frau zu heiraten, die über die Schwelle tritt. Er hat Glück: Lizzy kommt herein, hübsch, charmant, gebildet – und durchaus selbstbewusst. Und Lizzy – das ist Léa Seydoux. Bekanntlich hat sie bereits James Bond den Kopf verdreht…

Lizzy heiratet Störr. Keineswegs nur aus einer Laune heraus und wohl wissend, dass sie an Land oftmals lange auf ihn warten muss. Für Störr beginnt damit aber keineswegs eine Zeit komfortabler Ehe sondern die Zeit des Leidens. Und der Zuschauer kann ihm bei seiner stetig wachsenden Eifersucht zusehen. Denn was Lizzy tut, wenn ihr Mann auf See ist – darüber bleiben sowohl der Frachterkapitän als auch die Zuschauer im Unklaren. Sind Störrs Vorstellungen nur übersteigerte Phantasien? Oder kommt er einfach nicht klar mit seiner selbstbewussten Frau?

Der Film der ungarischen Regisseurin Ildikó Enyedi spielt in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Damals waren die Frauen keineswegs mehr nur Heimchen am Herd sondern brachen auf in die Freiheit. Umso charmanter, dass eine Frau in diesem Film die Sicht eines Mannes auf eine Frau erzählt. Und ob das die Geschichte seiner Frau ist? Nun ja.

Fazit: Wer phantastisch ausgestattete Kostümfilme ebenso liebt wie Hauptdarsteller mit enormer Ausstrahlung und wer gerne im Kinosessel zurückgelehnt phantastischer Filmmusik lauscht, der wird auch diesen Film genießen. Kleiner Tipp am Rande: Ildikó Enyedi wurde auf der Berlinale 2017 für ihren wunderbar leichten Film „Körper und Seele“ mit dem goldenen Bären ausgezeichnet. Ein Grund mehr, auch ihren Neuling anzusehen.

The French Dispatch

Ach, Wes Anderson! Wer seine Filme liebt, wird auch The French Dispatch lieben. Das Episodendrama komme mehr wie ein Wimmelbild daher als ein Film schrieb der Kritiker der Süddeutschen Zeitung. Und recht hat er. Es wimmelt beständig in diesem Epos des US-amerikanischen Regisseurs, der u. a. auch als Produzent und Drehbuchautor arbeitet. Anderson erzählt vom Redaktionsalltag in der fiktiven Zeitschrift „The French Dispatch“. Das Magazin ist dem New Yorker nachempfunden, wird aber in Frankreich produziert, in einer Stadt namens Ennui-sur-Blasé.

Gründer und Chefredakteur Arthur Howitzer jr. (dargestellt von Bill Murray) ein Team hochkarätiger Journalisten um sich geschart. Und die agieren dass es eine Freude ist – eine Freude des Dabeiseins und des Zusehens im Wimmelbild. Drei der von ihnen recherchierten Storys dürfen wir als Zuschauer miterleben. Sie werden als jeweils eigener Film im Film präsentiert. Und wir haben das Glück, Tilda Swinton, Timothée Chalamet, Christoph Waltz, Elisabeth Moss, Frances McDormand beim Spielen und Wimmeln zuzusehen.

Fazit: Wer „The Grand Budapest Hotel“ mit Genuss gesehen hat (etwa 2017 auf der Berlinale), der wird auch „The French Dispatch“ lieben. Und dürfte für das Wimmelbild mit Stars und Tempo sogar mehr als einmal ins Kino gehen.

@Foto: kangi