Und nach der Apotheke: Ab ins Kino!

Freiluftkino Kulturforum Berlin Sommer 2022

Weiter geht es mit Kinotipps für die Freiluftsaison. Denn der Sommer 2022 lockt temperaturbedingt vor die Leinwände draußen. Nicht nur in Großstädten – auch in der Provinz, in Städten und Dörfern, gibt es zunehmend cineastische Outside-Sommerangebote. Wir stellen auch diesmal wieder drei Filme vor, die derzeit zwischen Flensburg und Garmisch in (Freiluft-)Kinos flimmern.

Eine Hitzewelle prognostizieren die Meteorologen Teilen Deutschlands für das Wochenende. Im kühlen Kinosaal lassen sich wüstenheiße Nachmittage bestens überbrücken, laue Abende wiederum locken in die Freiluftkinos. Zu sehen gibt es dort derzeit auch viel Leichtes und Amüsantes. Wir präsentieren eine Sommerkomödie aus Oslo, eine Stasikomödie aus Berlin und eine Komödie übers Filmbusiness.

Der schlimmste Mensch der Welt

Nein, der schlimmste Mensch der Welt ist die 29-jährige Julie nicht. Die junge Frau (höchst erfrischend: Renate Reinsve) lässt sich durch ihre Heimatstadt Oslo treiben ohne wirkliches Ziel, ebenso kreativ wie lebensfroh und neugierig. Das gilt für Ausbildung, Beruf, Leben, Männer. Mal probiert sie es mit einem Medizinstudium, dann mit der Psychologie, jobbt in einem Buchladen, entdeckt die Fotografie.

Heiter, unbekümmert, beschwingt, liebenswert lebt sie ihr Leben. Dazu gehört auch der beherzte Wechsel der Partner. Für einige Zeit bringt der Comiczeichner Aksel etwas Beständigkeit in ihr Leben. Mit Mitte Vierzig ist er sehr viel älter als sie und hat auch andere Ziele: etabliert leben, eine Familie gründen. Nichts für Julie. Sie zieht weiter. Nächster Mann, nächster Berufsansatz. Und dann?

Vier Jahre begleiten der norwegische Regisseur Joachim Trier ihre Julie bei ihrem Herumflattern im Leben. Das ist schöner anzusehen, als es klingt. Doch dieser leichte Sommerfilm geht tiefer, als er zunächst daherkommt. Denn gerade die kleinen Momente in Julies Leben erweisen sich rückblickend oftmals als einschneidend. Und wir kommen nicht umhin, über die Zäsuren, Abzweigungen, Entscheidungen im eigenen Leben nachzudenken. Julie begleiten wir damit umso empathischer auf ihrem Weg. Übrigens: Wer gerne frohgemut im Kino schluchzt, tut es bei diesem Film in guter Gesellschaft! Lang nicht mehr so geschnieft…

Fazit: Allein Julies Flirt mit einem Unbekannten, den sie gerade auf einer Party getroffen hat, lohnt den Kinobesuch. Prickelnd erotisch bewegen die beiden sich ebenso konsequent wie spielerisch an ihrem selbst gesetzten Limit entlang.

Leander Haußmanns Stasikomödie

Zugegeben, Leander Haußmanns Humor muss man mögen. Wer ihn aber mag, amüsiert sich hervorragend in seiner Agentenposse, die die Geschichte des ehemaligen DDR-Oppositionellen Ludger Fuchs erzählt. David Kross (immer noch so jungenhaft wie in seinem Kinoerfolg „Der Vorleser“) gibt den jungen Ludger. Der ist ein braves, artiges DDR-Bürgerlein, zieht damit die Aufmerksamkeit der Stasi auf sich und wird von ihr angeworben. Der alte Ludger (Jörg Schüttauf), inzwischen als ehemaliger DDR-Oppositioneller zum berühmten Schriftsteller geworden, wird mit dieser Vergangenheit konfrontiert, als er seine Stasi-Unterlagen abholt. Die aufgeregte Familie reißt sie ihnen sofort aus den Händen. Nur findet sich dummerweise darin auch der intime Liebesbrief einer Unbekannten. Und damit beginnt unsanft das Erinnern daran, wie es war, damals in Prenzlauer Berg …

Sehenswert machen den Film – angesiedelt zwischen Agentenklamotte und individueller Analyse des „Damals“ – nicht nur die charmant-verschwurbelte Story sondern auch die phantastischen Darsteller – nicht zuletzt der Berliner Theater-Grande Henry Hübchen als desillusionierter und dennoch gefährlicher Stasi-Kommandeur damals und Tom Schilling (unlängst u. a. als „Fabian“ im Kino zu sehen) als Museumsmacher im Heute und Jetzt.

Fazit: Ein unterhaltsamer Film nicht nur für jene mit besonderem Interesse an der DDR und ihrem Ende sondern für alle, die gerne auch mal Slapstick und Krawallkomik goutieren.

Der beste Film aller Zeiten

Der steinreiche Industrielle Don Humberto beschließt anlässlich seines 80. Geburtstags: Er will etwas Dauerhaftes schaffen, will Prestigeträchtiges hinterlassen. Der beste Film aller Zeiten soll ihn unsterblich machen. Seine Berater sind begeistert. Und so werden die Rechte eines Bestsellers gekauft, die angesagteste Regisseurin des Landes wird engagiert, Lola Couevas gespielt von Penélope Cruz, und die wiederum holt zwei Topschauspieler ans Set: Den internationalen Filmstar Félix Rivero (Antonio Banderas) und den lokalen Theater-Grande Iván Torres (Oscar Martínez). Dass das nicht gut gehen kann – nun, das ist das Konzept dieser ebenso komödiantischen wie scharfen Satire.

Der beste Film aller Zeiten ist dabei zwar nicht herausgekommen. Aber eine herrlich überdrehte Komödie über das Filmbusiness und über Star-Allüren. Denn die haben alle drei an der Produktion beteiligten Egomanen. Zugleich liefert der Film – Achtung, Spoiler! – eine noch nie gesehene, ebenso witzige wie erotische Kussszene zwischen der wunderbaren Penélope Cruz und … (verraten wir dann doch nicht). Uraufgeführt wurde der Film im Wettbewerb der 78. Internationalen Filmfestspiele von Venedig. Dort hatte Penélope Cruz gleich noch einmal Premiere: mit dem Film „Madres Paralelas“ des spanischen Regisseurs Pedro Almodóvar.

Fazit: Das Kammerspiel – angesiedelt in einem futuristisch anmutenden Gebäude von architektonischer Kargheit und Extraklasse –  präsentiert drei Stars in überdrehter Bestform. Und lässt sich gut bei einem Sommerdrink im Freiluftkino goutieren.

Foto: @kangi