Unsichtbar und aus dem Nichts: Ein Virus schleicht sich ein in Deutschland. Verbreitet sich mit jedem Hauch durch die Lüfte. Droht mit schwerer, folgenreicher Krankheit oder gar mit dem Tod. Quarantäne für Kontaktpersonen, schnell anberaumte Impfaktionen. Steffen Kopetzkys „Monschau“ spielt Anfang der 60er Jahre in Deutschland – und ist doch der Roman zur Corona-Pandemie. Wer das Buch liest, kommt nicht umhin, ständig Parallelen zum Heute zu ziehen.
Liebe mit Fallhöhe
Feinster Jazz und der Ausbruch der Pocken im idyllischen Städtchen Monschau; offene Rechnungen aus den beiden Weltkriegen, die endlich beglichen werden sollen; engagierte, aufopferungsvolle Ärzte die vehement das Variola-Virus bekämpfen. Und eine spannende Liebesgeschichte zwischen einem jungen kretischen Arzt und einer ebenso jungen Fabrikerbin.
Der Pageturner beeindruckt durch seine starken Charaktere ebenso wie mit aktuellem Bezug.
Steffen Kopetzky, Autor von Romanen, Erzählungen, Hörspielen und Theaterstücken verwebt all diese Fäden geschickt zu einem fesselnden Roman, der dank überraschender Verwicklungen zum Pageturner wird. Auch wenn die Geschichte in der Wirtschaftswunderzeit der Bundesrepublik spielt – ihre Hauptthemen gehen uns alle an: der Verlauf der deutschen Geschichte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts mit allen ihren Konsequenzen und parallel dazu der Umgang mit einer (in diesem Fall in Deutschland verschwunden geglaubten) Seuche.
Und im Hintergrund Miles Davis
Jene Passagen, die von Variola erzählen, vom Virus, der von Patient 1 ins Land getragen wird und bedrohliche Ausmaße annimmt, lassen uns Schaudern beim Lesen, das Wissen, mit dem man in damaliger Zeit gegen derartige Virusepidemien anging, beeindruckt. Gut, dass der große Miles Davis mit seiner Musik die Liebesgeschichte der beiden jungen Leute begleitet. Deren Verbindung ist weitaus schicksalhafter als es zunächst aussehen mag. Und ihre Verliebtheit lässt uns dann auch einiges verzeihen: etwa ihren Ausflug in eine rauschende Karnevalsnacht – trotz Isolationsgebot.
Steffen Kopetzky: Monschau, Rowohlt Berlin Verlag 2021, ISBN 978-3-7371-00112-7, 22 Euro.
Der Verlag hat uns freundlicherweise ein Rezensionsexemplar zur Verfügung gestellt.