Ein Apothekenbesuch in einer fremden Stadt lohnt sich immer wieder: Man lernt bekanntlich nie aus – auch nicht als Kolumnistin. Das zeigte sich unlängst, als die kompetente Beratung in der Apotheke durchaus geholfen hätte. Mit dem richtigen Pflaster. Und mit dem Gefühl: „Hier wird mir geholfen!“
Autsch! Beim Griff in die Handtasche stößt der rechte Ringfinger auf eine scharfe Kante – ein unachtsam in den Beutel geworfener Metalldeckel. Das tut weh und blutet gemein. Nach erster Hilfe „Marke Taschentuch“ kann nur noch die Apotheke helfen.
Beste Lage – wohlklingende Namen
1-A-Lage, eine Fußgängerzone einer süddeutschen Bäderstadt. Die Apothekendichte ist hoch, alle paar Schritte leuchten das bekannte rote A, das grüne Kreuz, dazu jeweils ein mehr oder weniger wohlklingender Apothekenname. Mein Finger tut weh. Und so wähle ich eine Apotheke mit besonders schönem Namen.
Gediegenes Interieur, kleine Offizin. Der HV-Tisch vorbildlich abgeschirmt mit Plexiglasscheiben. Drei Bedienungsplätze, eine Dame, zwei Herren, allesamt im weißen Kittel und mit Maske. Ich wähle den Herren in der Mitte, und schildere meinen Bedarf und hoffe auf diskrete Beratung. Pflaster soll es bitte sein, möglichst für die empfindliche Haut.
Ab geht’s im Tangoschritt
Der junge Mann hört interessiert zu und macht eine höfliche Handbewegung nach links: Ich möge mich doch bitte in die Ecke dort bewegen, da seien alle Pflaster zu finden. Ich bewege mich in „die Ecke dort“, der junge Mann folgt mit Seitwärtsschritt hinter dem HV. Dann wieder eine höfliche Handbewegung: Hier wäre also das gesamte Sortiment, ich möchte doch bitte in Ruhe auswählen.
Spricht’s und entschwindet. Ob im Seitwärts- oder Tangoschritt ist nicht zu erahnen und eigentlich auch belanglos. Denn ich muss mich erst einmal von der Überraschung erholen, allein zu sein im Pflastereck. Mit einer durchaus großen Auswahl; aber eben doch mit dem Auftrag, mich jetzt quasi selbst zu „beraten“.
Beratung? Ach, du schönes Pflaster!
Ich berate mich lange mit mir. Und als ich schließlich mit dem gewählten Produkt zum Bedienungsplatz zurückkomme, ist dort längst die nächste Kundin eingelaufen. Sie wird gerade im fließenden Russisch bedient. Oder gar beraten? Mein Russisch reicht nicht aus, und hochwertige Kosmetik will ich ohnehin nicht kaufen.
Ich bezahle meine hochwertige Pflasterpackung. Und freue mich über mein Kolumnenthema.
@Foto: kangi