Wertschätzung stärkt das Apothekenteam

Mensch-ärger-dich-nicht-Spielfiguren in vier Farben - grün, gelb, blau, schwarz - liegen um eine einzelne, aufrecht stehende Spielfigur, die sich in der Mitte befindet.
Führung bedeutet auch: Wertschätzung gegenüber dem Team zu zeigen.

Fachkräftemangel trifft längst auch die Apotheke. Wer sein Team halten will, dem raten Coaches dringend, die Unternehmenskultur zu durchleuchten. Und sich dabei nicht zuletzt die Frage zu stellen: Bekommt mein Team die Wertschätzung, die es verdient?

Wie Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Team klarkommen, hängt in hohem Maße von der Apothekenleitung ab: Sie gibt als Führungskraft den Takt vor und prägt die Kultur in der Apotheke. Das Thema „Wertschätzung“ ist dabei besonders bedeutsam. Und beeinflusst nicht zuletzt auch den Erfolg einer Apotheke. Denn Unternehmensberater sind sich einig: Wertschätzung trägt in hohem Maße dazu bei, die Beziehungen zwischen Apothekenführung und Mitarbeiterschaft zu stärken – mit dem Ziel, deren Kreativität, Motivation und Loyalität zu erhöhen. Wo sie fehlt, drohen Erfolgseinbußen und im schlimmsten Fall die Abwanderung von Mitarbeitern.

Die Fallstricke

Christian A. Bernhardt kennt sich aus mit dem Thema Wertschätzung. Als Experte für den Fachkräftemangel betreute er über 500 Unternehmen bei der Personalgewinnung und der Verbesserung der Mitarbeiterbindung. In seinem neuen Buch fragt er nach, welche Fallstricke drohen, wenn ein Unternehmen sich um mehr Wertschätzung für seine Mitarbeiter bemühen will. Zugleich liefert er praktikable Lösungsansätze die Führungskräfte dabei helfen, die Beziehungen zu ihren Mitarbeitern zu stärken.

1- Falsche Selbsteinschätzung

Was für eine Diskrepanz: Acht von zehn Führungskräften sind einer Studie zufolge überzeugt, ihren Mitarbeitern ausreichend Anerkennung entgegenzubringen, schreibt Bernhardt. Dem steht die Einschätzung der Mitarbeiter entgegen. 60 Prozent von ihnen empfinden die Wertschätzung ihrer Führungskraft als sehr mäßig. „Fühlen sich die Mitarbeiter nicht wertgeschätzt, ändert auch die beste Selbsteinschätzung ihrer Vorgesetzten nichts“, so der Hochschuldozent für Kommunikationspsychologie, langjährige Berater, Trainer und Speaker. Für eine realistische Einschätzung sei empfehlenswert, Krankenstände und Kündigungszahlen anzusehen.

2 – Fokus auf Negativem

 „Unsere Wahrnehmung ist auf Schwächen und Negatives geprägt“, stellt Bernhardt fest. Was uns – zumindest teilweise – quasi in die Wiege gelegt sei: Überleben ließ die Evolution nur jene, die das Raubtier frühzeitig wahrnahmen. Auch heute richten wir den Blick oftmals primär auf Fehler und nehmen alles, was gut läuft, als selbstverständlich. Der bekannte schwäbische Spruch: „Nicht gemeckert ist genug gelobt“ bringe dies durchaus auf den Punkt.   

„Die Kunst liegt darin, im ersten Schritt zwischen kritischen und unwichtigen Schwächen und Fehlern zu unterscheiden und dabei die positiven Inhalte nicht zu vergessen“, schreibt der Autor in seinem Ratgeber. Auch sei dabei die sogenannte Losada-Quote zu berücksichtigen. Die Psychologie zeige nämlich, „dass erst ab einem 3:1 Verhältnis von positivem zu negativem Feedback eine tragfähige Beziehung entsteht“.

3 – Die Sprache der Wertschätzung

„(Fast) jeder Mitarbeiter hat einmal motiviert im Unternehmen angefangen zu arbeiten“, so Bernhardt. Die Forschung belege: „Prinzipiell wollen Mitarbeiter gute Leistungen erbringen und zum Gelingen des Unternehmens beitragen.“ Sei ihr Wertschätzungstank jedoch leer, schlägt dieser tiefere Wunsch in Enttäuschung, Frustration und Trotz um. Entscheidend in diesem Zusammenhang sei, Wertschätzung auf vier verschiedene Arten anzusprechen:

  • explizit formuliertes Lob und Anerkennung
  • gemeinsam verbrachte Zeit
  • Hilfe und Unterstützung
  • Geschenke und materielle Zuwendungen

Diese Sprache der Wertschätzung hat dem Autor zufolge ihre Tücken. „Wir schließen intuitiv von uns auf andere und kommunizieren mit diesen in unserer Muttersprache der Wertschätzung.“ Doch das Gegenüber empfindet es womöglich als völlig anders. Die Folge: durchschnittlich drei von vier Mitarbeitern wird man nicht in der Form erreichen, wie es beabsichtigt ist.

Mehr noch: „Da es sich für uns so anfühlt, als hätten wir dem anderen ausreichend Wertschätzung entgegengebracht, entwickeln wir auch die Erwartungen daran, dass der Gegenüber diese entsprechend erwidert, beispielsweise in Form von guter Leistung, Loyalität und Motivation.“ Bleibe diese aus, sei dies frustrierend und könne dazu führen, dass die Führungskraft ebenfalls eine schärfere Tonart anstimmt oder den Mitarbeiter als unmotiviert abstempelt. „Das wirkt sich auf unseren Umgang mit ihm aus und stößt selbsterfüllende Prophezeiungen und Teufelskreise an.“

Um den Wertschätzungstank des Mitarbeiters wieder zu füllen, muss die Führungskraft zunächst erkennen, was die Muttersprache der Wertschätzung eines Mitarbeiters ist, um anschließend in dieser Sprache mit ihm zu kommunizieren. Gelingt das, füllt sich dessen Tank wieder und der Mitarbeiter kann zurückgewonnen werden.

Der Weg zu echter Wertschätzung

Wie nun kann eine Führungskraft zu echter Wertschätzung gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern gelangen – und ihr Ausdruck geben?  Christian A. Bernhardt drei Tipps parat.

Exit-Gespräche

Scheidende Mitarbeiter bekommen zunächst ein faires, wohlwollendes Zeugnis ausgestellt. Im Anschluss bittet die Apothekenführung sie um ein abschließendes Gespräch. „Entschuldigen Sie sich für die eigenen Versäumnisse und bitten Sie um ein offenes und ehrliches Feedback und um Tipps, was Sie tun könnten, um zukünftige Kündigungen abzuwenden.“

Stärken stärken

„Führen Sie mit Ihren Mitarbeitern einen Stärken-Test durch, beispielsweise den Clifton Strength-Finder-Test oder den Stärken-Test der positiven Psychologie, der kostenlos auf der Website der Universität Zürich absolviert werden kann.“ Daran schließt sich ein gemeinsames Gespräch über die Top-5-Stärken an und darüber, wie die Teammitglieder diese im Unternehmen einbringen können.

Wirklich zuhören

„Suchen Sie den regelmäßigen bilateralen Kontakt zu Ihren Mitarbeitern und fragen Sie, was Sie tun können, damit diese besser arbeiten können.“ Erzählen die Mitarbeiter, gilt es richtig zu reagieren, damit auch zukünftig wieder solche Gespräche möglich sind. „Wer etwas will, findet Wege. Wer etwas nicht will, findet Gründe“, bringt Bernhardt es auf den Punkt. „Wie reagieren Sie auf die Probleme ihrer Mitarbeiter? Erklären Sie diesen die Gründe, warum es ganz normal ist, dass sie vor die Probleme gestellt sind, oder suchen Sie ehrlich nach Wegen, um diese zu lösen?“

Christian Bernhardt: Echte Wertschätzung. Beziehungen stärken. Vertrauen vertiefen. Teams gemeinsam entwickeln. Verlag BusinessVillage 2022, ISBN 978-3-86980-666-2, ISBN-PDF 978-3-86980-667-9, ISBN-EPUB 978-3-86980-668-6       

Foto: @kangi